Dienstag, 29. November 2011

Wohin fliegen die Vögel wenn sie sterben?


Ich suchte im Wald,
im Gebüsch und in Hecken.
Im Garten, im Feld,
unter Steinen
nach Verstecken.

Ich suchte an Wegen,
auf Wiesen, am See.
Durchkämmte das Gras,
den Sand
und fegte den Schnee.

Ich dachte,
am Ende des Sommers
werd´ ich sie sehen.
Durch raschelnde Blätter
werde ich gehen.

Durchstreifte die Nacht
und hob an
den Vorhang aus Licht.
Ich suchte am Himmel
und ich fand sie nicht.

Wohin?
Wohin fliegen die Vögel,
wenn sie sterben.

Die Welt verändert sich


Als meine Mutter heiratete – ich war gerade sechs Jahre alt – fiel ich aus dieser Geborgenheit heraus. Ich zog mit meinen neuen Eltern und meiner kleinen Schwester in einen anderen Stadtteil. Weg von Oma. Ich lernte die Welt von Disziplin und Ordnung kennen. Eine kalte Welt. Und weil alles darin funktionierte – nur ich nicht – lernte ich mich anzupassen. Meine Sehnsucht schickte ich in den unendlichen Himmel und mein Herz hängte ich solange an die Flügel der Vögel.
Bewahrt es für mich auf.


HIN ZU DEN VÖGELN AM HIMMEL
Von meinem Kinderzimmerfenster aus konnte ich auf den Sportplatz sehen, auf dem riesige Pappeln standen. Und in und um diese Pappeln gab es immer jede Menge Vögel. Elstern behaupteten ihre Herrschaft gegen Schwärme von Spatzen, Meisen und Finken. Ab und zu fand sich ein Pirol in den Bäumen ein und mehr im Gras als auf den Bäumen stolzierten Raben und Krähen umher. Vögel faszinierten mich. Ich konnte ihnen stundenlang zuschauen. Ich freute mich an ihrer Lebendigkeit, an ihrem Gesang und bewunderte ihre unerschrockene Wildheit, besonders wenn der kräftige norddeutsche Wind blies und  es ihnen scheinbar nichts auszumachen schien. Ich redete mit den Vögeln und versuchte ihnen möglichst nahe zu kommen. Ich versuchte die Grenze vorsichtig zu ertasten, an denen sie zwar aufmerksam wurden, aber ohne davonzufliegen meine Anwesenheit gerade noch duldeten. Es war wie eine stumme Abmachung zwischen uns. In diesem magischen  Zwischenraum, in dieser energetischen Begegnung lag ein Zauber, den ich nicht erklären kann, eine Zone, die ich niemals betreten konnte und die schließlich irgendwann aufgelöst wurde, indem der Vogel einfach wegflog.
Ich liebte diese lebendigen quirligen Geschöpfe und es tauchte eine Frage auf, die bis heute unbeantwortet blieb und unbeantwortet bleiben wird. Diese Frage ist zu meinem Koan, zu meiner Meditation geworden:
Wohin fliegen die Vögel wenn sie sterben?

Montag, 28. November 2011

Foto: Nora und Pferd

                                                         Meine Tochter Nora

Kindheit


REGENBOGEN
Die Nase an die Scheibe gepresst
In jedem Regentropfen eine Welt
läuft die Scheiben runter
Runde Welten, längliche Welten
zerfließen
In jeden Tropfen eine Sonne
und in der Ferne ein Regenbogen
Laufsteg ins Universum
Mama ruft aus der Küche
Die Herrscherin der tausend Sonnen
soll beim Abspülen helfen.


ZAUBERGARTEN
Wenn ich mit meinem roten Roller
den riesigen Garten
meiner Großeltern durchquere
bin ich die Herrscherin
der Welt.
Karotten unterliegen
meinem Urteil.
Sind sie zu klein
stecke ich sie in die Erde zurück.
Rote Johannisbeeren lachen mich an.
Wehe ihr seid sauer!
Bei den Erbsen mache ich Rast.
Und pule mir die grünen Perlen heraus.
So saftig grün und süß.
Schoten pflastern meinen Weg.
Endlich auf der Wiese angekommen
besteige ich meinen Thron aus Heu.
Die Katze schleicht durchs Gebüsch.
Die jungen Tannenbäumchen
stehen brav in Reih und Glied.
Schön ordentlich.
Und wie ich mich so über alles freue
passiert es manchmal
dass ich in einen noch
größeren Garten eintrete.
Es ist alles aus Glanz.
Ein Zaubergarten.
Unbeschreiblich schön.
Ich bin dann ganz still,
bewege mich nicht.
Und es dauert eine Weile
bis das Rufen meiner Oma
mich erreicht.



MEINE VERBÜNDETE

Still lausche ich in die Dunkelheit:

Durch das Fenster blitzen Sterne.

Unten im Haus höre ich Schritte

und leise Unterhaltung.

Ich bin geborgen.

Ich höre das Knipsen des Lichtschalters

und das Knarren der alten Treppenstufen.

Nun kommt Oma auch ins Bett.

Bin so lange wach geblieben.

Ich schlafe neben ihr im Ehebett.

Opa ist ausgezogen weil Oma schnarcht.

Mein Glück.

Die Tür öffnet sich

und ich stelle mich schlafend.

Sehe ihr heimlich beim Umkleiden zu.

Sie entdeckt mein Wachsein

und ich freue mich diebisch erwischt zu werden.

Sie ermahnt mich leise lächelnd.

Wie gerne ich es habe,

wenn sie noch ihre Brille aufsetzt

um noch ein paar Seiten

zu lesen.

Ich kuschele mich

an ihren dicken warmen Körper.

Schaue zu wenn sie die Seiten umblättert.

Der Wecker tickt im Herzschlag

ihres Liebesromans.

Geborgenheit.

Und Opa geht jeden Morgen 
um sechs in seinen Garten.


Sonntag, 27. November 2011

Anfang


ANFANG
In diesen Gedichten und Texten beschreibe ich zugleich auch meinen persönlichen Prozess. Es ist eine Hinwendung zum wirklichen Leben, eine Suche nach der Wirklichkeit. Antrieb und Motivation war eine tiefsitzende Unruhe und Unzufriedenheit, ein verborgener Schmerz der von Zeit zu Zeit immer wieder ins Bewusstsein drang. Was ist die Wirklichkeit? Wer bin ich wirklich? Was ist Wahrheit? Was ist echt?
Unmöglich zu sagen, wann diese Reise, diese Suche anfing. Es war eine Reise, die kein Ziel zu haben schien  weil nach jedem Ankommen plötzlich ein neuer Weg vor mir lag. Doch zeigte sich nach und nach eine Natürlichkeit, eine Leichtigkeit die mich immer wieder einen Schritt nach dem anderen gehen ließen. Ich kann nicht sagen, daß ich den Weg ich gegangen bin. Ich wurde gegangen. Da war eine Kraft die mich geleitet hat. Ein Vertrauen das unerschöpflich war. In dem ich geborgen bin.

Sehnsucht und Suche


 Es ist kein Ende der Sehnsucht in Sicht
und nichts mehr da, was glücklich macht.
Alles ist ausprobiert.
Nichts ist geblieben.
Nun binde ich die Wünsche an den Wind.
und bleibe ohne Pfand in meiner Hand.

Alle Hoffnungen sind Träume.
Jede Erwartung zerrinnt.
Zeiten hat es nie gegeben.
Sei ganz still, mein Liebes.
Lass mich dich noch ein wenig halten.
Bis du erwachsen bist.
Solange wiege ich dich auf meinem Schoß.
Und dann, wenn du groß genug bist
mein Kind
wirst du die Wahrheit suchen gehen.
die Lügen entdecken
und vernichten
dem Schmerz ins Auge sehen
weinen, schreien, toben
und vor Liebe glühen.
Für deinen Kampf, mein Kind
gebe ich dir das Schwert.
Und für die Niederlage
 ein Rosenblatt.

Ruhe dich darauf aus.




Und wenn es nichts mehr zu suchen gibt kann die Sehnsucht frei werden, die ursprüngliche Sehnsucht nach dem Selbst,  nach Gott, die bislang immer gut verpackt in allen möglichen Perspektiven nach Glück, Erleuchtung, Frieden, Liebe war.  Und nun liegt sie aufgedeckt,  nackt und bloß vor uns.
Pure Sehnsucht ohne ein Ziel.
Diese Sehnsucht, dieser Schmerz ist der Weckruf nach Hause. Ist die Aufforderung, das Verlangen,  umzukehren. Die pure Sehnsucht zu fühlen ist die Einladung. Und dabei ohne Gegenwehr zu sein, ohne nach einer einzigen Möglichkeit zu fischen um diese Sehnsucht an irgendwelche Objekte zu hängen. Sie zuzulassen, in all ihren Ausmaßen und Dimensionen ist die Herausforderung. Sich ihr zu stellen und in ihr zu brennen.
Die pure Sehnsucht wirft dich zurück auf das was du bist. Sie schont dich nicht. Sie macht dich erbarmungslos aufmerksam auf das, was du die ganze Zeit verleugnet hast. Die pure Sehnsucht krallt sich solange an dir fest, bis du weich und demütig bist. So lange bis du aufgibst. Bis du nicht mehr kannst. Und dann, wenn alles aufgegeben wurde, wenn alle Zuflucht versiegt ist,  wenn keine Ablenkung mehr geschieht, wenn das was du glaubtest zu sein, verbrannt ist, ist Gott da. Es ist schmerzvoll zu entdecken nicht genug geliebt zu haben. Es ist schmerzvoll zu erfahren, dass du dich die ganze Zeit verleugnet hast, dass du dich ein Leben lang selbst getäuscht hast. Dich selber betrogen hast um dein Leben, um die Liebe. Du wirst entdecken, für wie wenig du dich verkauft hast um etwas Zufriedenheit zu erlangen. Und wie teuer du bezahlt hast für das Schweigegeld, damit das Flüstern aufhört. Das Flüstern, das dir sagt: Da ist noch was. Geh und entdecke es. Löse es aus. Das Flüstern, das dich in die Suche stellt. In die Suche nach Gott und somit nach dir selbst. Nach dem was du wirklich bist. Und was du vergessen hast. Komm nach Hause! Alles wartet auf dich. Wo bleibst du nur solange? Wo irrst du noch umher? Komm nach Hause, Schatz! Ich liebe dich doch.
Diese Sehnsucht zu entdecken ist der erste Schmerz.
Und dann, wenn du endlich wieder zu Hause angekommen bist und du erkennst, dass es immer hier war und du niemals getrennt von diesem Zuhause warst, wird dich dieses Erkennen ein zweites mal umwerfen. Deine Tränen werden Tränen des unendlichen Mitgefühls sein. Ein Mitgefühl für den der da so lange umhergeirrt ist. Ein unendliches Mitgefühl für diese verzweifelte lange Suche und dabei war immer alles hier. Der Tisch war die ganze Zeit für dich gedeckt. Und es sind Tränen voller Trauer und voller Liebe und Freude zugleich.
Das ist der zweite Schmerz.                                                                                                     
Du bist Zuhause.
 GESTRANDET...

Ich bin so unendlich gestrandet, an die Ufer dieser Welt geworfen, geworden als Mensch und geschaffen als alles was es gibt um hier zu sein und um in dieser Welt zu spielen mich zu finden.
Mich wieder zu finden als das was ich war und immer noch bin. Ich kann nicht verloren gehen, nicht in dieser und nicht in anderen Welten, niemals und doch spielen wir dieses Spiel und tun so als hätten wir vergessen und gehen auf in diesem Spiel von Trennung so als wäre es ernst. Wir sind wie Kinder die selbstvergessen spielen am Strand der Unendlichkeit und Sandburgen bauen mit ihren kleinen Händen und ihren Eimern und Schaufeln. Kinder die lachen und weinen wenn das Meer die Burg wieder verschluckt und sie dann wieder neue bauen bis sie genug haben und nach Hause gehen und in ihren Träumen auf die Meere hinaus segeln und dabei im Schlaf lächeln.
Wir sind Kinder in diesem Spiel der Welt und daß wir es ernst nehmen gehört zum Spiel.
Wir sind die Kinder die an den Strand gespült wurden weil das Leben die Kinder liebt und von ihnen gefunden werden möchte. Die Kinder sind nicht getrennt vom Leben, sie sind das Leben, doch sie wissen es nicht. Sie müssen es erst entdecken, sie müssen reifen in ihrem Spiel, groß und erwachsen werden. Der Spiegel hängt hoch und es dauert Gezeiten bis sie sich darin finden können und noch länger bis sie erkennen können daß das was ihnen entgegenblickt das Leben selber ist, unendlich groß, so wie der Ozean aus dem sie gekommen sind.
Ich bin so unendlich gestrandet ist eine Einladung dieses Spiel zu verstehen und vor allen Dingen zu begreifen, daß du eins bist mit allem und es nie eine Trennung gegeben hat. Es sah nur so aus. Ich, du, wir alle sind gestrandet in diese Welt hinein, haben uns geteilt in diese Vielfalt um zu entdecken, zu suchen und zu finden. Diese Vielfalt, diese Teilung ist das Eine in tausend Aspekten. Ich weiß um dieses Spiel, ich weiß um dieses Eine das ich selber bin und darum kann ich dieses Spiel der Trennung aus vollem Herzen spielen. Ich selber bin es, die sich an Land gespült hat, ich selber habe mich ausgespuckt, bin Form geworden, einfach so. Da ist niemand der danach gefragt hat, niemand der es gemacht oder bestimmt hat. Es ist einfach so geschehen. Und das was geschieht ist wundervoll.


Die Vögel, die Vögel!
Schaut doch,  die Vögel!
So klein, so zart, so wild.

Wohin, wohin
Trägt euch der Wind?
Ihr kleinen, quirligen Seelenträger.

So frei, so frei
Grenzenlos im Raum.
Dankend sinke ich zur Erde.

Mein Herz, mein Herz
Steigt mit euch auf.
Nehmt mein Singen mit.

Ihr Vögel, ihr Vögel
trinkt von meinem Leben.
Todlos will ich sein.

Samstag, 26. November 2011

Zu den Texten....

Steig ein in dein Papierschiff
und segle hinaus in wilde Meere
und menschenleere Räume.
Lass dich durch die Gezeiten führen.

Du bist das Universum.
In dir ein Meer,
und ein kleines schaukelndes Boot
das im Vertrauen schwimmt.



IMMER SCHON
Immer schon habe ich mit Worten gerungen.
Nie habe ich es vermocht
in diesem Meer
den einen Tropfen zu finden
der deine Wahrheit wiederspiegelt.
Wieder mal hast du mich an Land gespült,
lächelnd.
Und wieder stürze ich mich in die Fluten.
Lächelnd...