Als meine Mutter heiratete – ich war gerade sechs Jahre alt
– fiel ich aus dieser Geborgenheit heraus. Ich zog mit meinen neuen Eltern und
meiner kleinen Schwester in einen anderen Stadtteil. Weg von Oma. Ich lernte die
Welt von Disziplin und Ordnung kennen. Eine kalte Welt. Und weil alles darin
funktionierte – nur ich nicht – lernte ich mich anzupassen. Meine Sehnsucht
schickte ich in den unendlichen Himmel und mein Herz hängte ich solange an die
Flügel der Vögel.
Bewahrt es für mich auf.
HIN ZU DEN VÖGELN AM HIMMEL
Von meinem Kinderzimmerfenster aus konnte ich auf
den Sportplatz sehen, auf dem riesige Pappeln standen. Und in und um diese
Pappeln gab es immer jede Menge Vögel. Elstern behaupteten ihre Herrschaft
gegen Schwärme von Spatzen, Meisen und Finken. Ab und zu fand sich ein Pirol in
den Bäumen ein und mehr im Gras als auf den Bäumen stolzierten Raben und Krähen
umher. Vögel faszinierten mich. Ich konnte ihnen stundenlang zuschauen. Ich
freute mich an ihrer Lebendigkeit, an ihrem Gesang und bewunderte ihre
unerschrockene Wildheit, besonders wenn der kräftige norddeutsche Wind blies
und es ihnen scheinbar nichts auszumachen
schien. Ich redete mit den Vögeln und versuchte ihnen möglichst nahe zu kommen.
Ich versuchte die Grenze vorsichtig zu ertasten, an denen sie zwar aufmerksam
wurden, aber ohne davonzufliegen meine Anwesenheit gerade noch duldeten. Es war
wie eine stumme Abmachung zwischen uns. In diesem magischen Zwischenraum, in dieser energetischen
Begegnung lag ein Zauber, den ich nicht erklären kann, eine Zone, die ich
niemals betreten konnte und die schließlich irgendwann aufgelöst wurde, indem
der Vogel einfach wegflog.
Ich liebte diese lebendigen quirligen Geschöpfe und
es tauchte eine Frage auf, die bis heute unbeantwortet blieb und unbeantwortet
bleiben wird. Diese Frage ist zu meinem Koan, zu meiner Meditation geworden:
Wohin fliegen die Vögel wenn sie sterben?
Du hast eine unnachahmliche Art, wunder-bare Gefühle auszudrücken, liebe Suprya. Ich spüre dich so gut....
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